Diese Frage stellen sich immer wieder viele Pferde- bzw. Tierfreunde. Gerade im Herbst, wenn überall wieder die Auktionen, mit insbesondere von der Zucht „übrig“ gebliebenen Fohlen, stattfinden. Wir bekommen immer häufiger Anfragen von Menschen, die gerne einem Pferd helfen bzw. ein Schlachtfohlen retten möchten. Das finde ich wirklich klasse und ich freue mich, dass so schon einigen tollen Pferden ein neues Leben ermöglicht wurde. Das ganze Thema Pferderettung entwickelt sich allerdings gerade in eine fragwürdige Richtung. Es gibt hier verschiedene Probleme, die ich gerne in diesem Artikel aufgreifen und auch gerne mit Euch diskutieren würde.

Billiges Reitpferd

Ein Pferd ist nicht nur in der Anschaffung teuer, sondern auch im Unterhalt. Viele Menschen träumen vergeblich davon, sich ein eigenes Pferd anzuschaffen. Im Internet und vor allem auf Facebook gibt es immer mehr Gruppen, in denen man Pferde vom Schlachter kaufen kann. Viele Pferdefreunde denken, dass dies eine gute Möglichkeit sein könnte, günstig an ein Pferd zu kommen. Auf Grund der vermehrten Aufmerksamkeit der Rasse Noriker in diesem Kontext, denken aber wohl einige Menschen, Noriker seien grundsätzlich „Schlachtpferde“ und quasi die günstige Alternative zu anderen Rassen, die vielleicht eher „in“ sind und daher auch mehr kosten. Nachfrage bestimmt den Preis auch bei Pferden. Am liebsten hätte man also einen erwachsenen aber jungen und vor allem komplett gesunden Noriker, am besten schon ausgebildet, ohne Unarten und das alles zum Schlachtpreis. Leo Noriker Denn Noriker muss man ja retten, sind ja Schlachtpferde. NEIN! Sie sind viel mehr als das und auch keine Billigversion von Hannoveraner oder Quarter. Und jeder, der sie kennt und liebt wird das bestätigen. Fakt ist, dass es gerade bei Haflingern und Norikern  in erster Linie Fohlen sind, die zur Vermittlung stehen und von der Schlachtung bedroht sind. Vor allem die Hengste sind einfach übrig und die meisten Menschen möchten sich eben die Kosten und Mühen einer Aufzucht sparen. Wenn ich also wirklich einen Noriker retten möchte, dann sollte ich mir genau überlegen, um was es mir denn genau geht. Ein billiges Reitpferd zu kaufen, oder einem neuen Lebensfreund eine Chance zu geben. Dazu kommt dann, dass ich mir genau überlegen muss, ob ich das finanziell stemmen kann. Wenn schon bei einem Aufzuchtpreis von 160 Euro im Monat das Geld knapp wird, dann sollte man es lieber lassen. Denn was passiert später, wenn das Pferd ausgebildet werden soll, mal krank wird usw.? Retten ist eine tolle Sache aber bitte mit Köpfchen. Wo wir beim zweiten Punkt wären.

Das Geschäft mit dem Mitleid

Es gibt kaum etwas niedlicheres als Tierkinder. Jeder der Pferde liebt, liebt auch Fohlen. Auch ich könnte mich täglich neu verlieben wenn ich diese unschuldigen, treuen und lieben Augen sehe. Vor allem da ich weiß, welches Potenzial in diesen tollen Tieren steckt und wie vielen leider verwehrt wird, dieses Potenzial zu entfalten. Einfach weil Menschen auch neben Rind, Schwein und Huhn auch gerne Pferdefleisch essen. Es werden auch bei weitem nicht nur Noriker gegessen. Fast alle Rassen kommen dafür in Betracht. unser-stall-junghengstBitte verurteilt aber keine Menschen die Pferdefleisch essen, wenn Ihr selbst nicht Veganer oder Vegetarier seit. Denn welche Art von Fleisch man isst, ist reine Erziehungssache. Es gibt kein Tier das gerne stirbt bzw. eher dafür gemacht ist als ein anderes. Ich kann jeden verstehen, dem der Gedanke an gesunde und korrekte Fohlen, die beim Schlachter stehen, das Herz bricht. Eigentlich kann das an niemanden mit Empathie vorüber gehen.

Und genau das wissen Menschen, die eher weniger empathisch sind und das schnelle und gute Geld wittern. Während ein Norikerfohlen, das „weg musste“ vor ein paar Jahren noch 500 Euro gekostet hat, ist es dieses Jahr schon fast immer die doppelte oder sogar dreifache Summe, die gefordert wird. Natürlich darf ein gutes Norikerfohlen aus einer seriösen Zucht auch diesen Preis haben. Aber genau das ist der Punkt. Oft fordern diese Preise reine Vermehrer, denen Zucht und Gesundheit egal sind und drohen mit Schlachtung, weil sie wissen, dass es genügend selbstlose Menschen gibt, die ihnen kostenlos das Tier zu diesem Preis verkaufen bzw das Mitleid die Kaufbereitschaft antreibt. Sie müssen gar nix weiter dafür tun. Eine tolle Sache! Nein, ist es natürlich nicht. Für die Tiere ist es allerdings unerheblich und sie können am allerwenigsten dafür. Das Geschäft mit dem Mitleid boomt jetzt schon seit Jahren. Die Frage ist nur, ist das der richtige Weg? Ich sage nein! Denn dieser Kreislauf wird immer weiter angefeuert. Es gibt immer mehr Menschen, die Pferde retten wollen und auch bereit sind, jeden Preis zu bezahlen. Seriöse Züchter bleiben dabei auf der Strecke: „wie das Pferd ist gar nicht von der Schlachtung bedroht? Nein, also ich möchte lieber eins retten.“ Aber wo soll das hinführen? Aber wie kann man damit leben, einem Tier nicht geholfen zu haben?

Mein Fazit

Das Thema ist ein zweischneidiges Schwert. Man kann nicht alle retten, das ist klar. Dessen muss man sich auch stets bewusst sein. Aber hier finde ich folgendes Zitat sehr schön:

Für die Welt ist es nur irgendein Pferd, aber für dieses eine Pferd bist du die Welt.

Was kann man aber tun, um nicht das Geschäft mit dem Mitleid weiter zu fördern? Gegen das Verlangen nach Fleisch und auch gegen böse Menschen wird man nichts tun können, denn das wird es immer geben. Wir haben uns von Anfang an zur Aufgabe gemacht, der Rasse Noriker eine öffentliche Plattform zu geben und das jenseits des Schlachtpferde Images. Außerdem führt Aufklärung und Verständnis für andere Kulturen und Einstellungen auch weiter als Ablehnung und Verurteilung. Ein älterer Landwirt aus Österreich ist vielleicht auch froh, wenn er weiß, dass seine Nachzucht ein gutes Leben führen kann, freut sich über Unterstützung beim Verkauf und überdenkt unter Umständen auch seine Einstellung zur Schlachtung. Aber sicher nicht, wenn man ihn angreift, was leider viele Tierschützer immer wieder tun. Gesprächsbereitschaft muss von beiden Seiten her bestehen.

Dazu kommt aber auch, dass man Vermittlungshilfe ablehnen sollte, wenn mit dem Mitleid der Menschen gespielt wird. So hart es auch klingt, aber ich denke, an gewissen Stellen muss man einen Cut machen, um ggfs. zu verhindern, dass diese Vermehrerei und Schlachterei munter weiter geht. Das gilt nicht nur für Noriker, sondern im Allgemeinen. Wir werden niemals den billigen Verkäufer für Schlachthändler spielen! Lieber arbeiten wir direkt mit den Leuten vor Ort zusammen und versuchen zu verhindern, dass das Pferd überhaupt erst zum Schlachthändler kommt.

Tierhilfe EPONA

Seit Jahren sind wir im Tierschutz aktiv und haben schon einigen Hunden, Katzen aber auch Pferden zu einem neuen Leben verholfen. Das geschah bisher immer rein privat und seitens aller Beteiligten komplett auf eigene Kosten. Um aber die Aufklärungsarbeit zum Thema Schlachtpferde und auch die Vermittlung professioneller und seriöser zu gestalten, befinden wir uns gerade in der Gründung eines gemeinnützigen Vereins. Ziel soll sein, Tierschutz mit Köpfchen zu betreiben. Dazu haben sich tolle Menschen zusammengefunden, die alle unterschiedlichen, aber fachlich sehr guten Hintergrund haben. In den nächsten Wochen wird es mehr Infos dazu geben.

Ich freue mich auf Unterstützung und Kommentare. Es darf hier gerne auch zu diesem kontroversen Thema diskutiert werden.