Die kalte Jahreszeit hat begonnen und somit eine gute Gelegenheit, sich als Pferdefreund in der warmen Stube ein Buch zur Hand zu nehmen und sich weiterzubilden.

Wir haben für Euch drei völlig unterschiedliche Bücher gelesen und rezensiert. Als Reiter sollte man immer reflektieren, über den Tellerrand hinaus blicken und offen für neue Impulse sein. Denn man lernt nie aus!

Buchtipp 1 für besseres Verständnis für das Wesen der Pferde

Im Kreis der Herde – Marc Lubetzki

Marc Lubetzki ist Kameramann, Autor und Pferdemensch mit Leib und Seele. Ein besonderes Faible hat er für Wildpferde bzw. wild lebende Pferde in der ganzen Welt. Diese begleitet er seit acht Jahren mit seiner Kamera.

Wundervolle Bilder aber noch viel mehr

Sein Werk „Im Kreis der Herde“ ist quasi das Resultat seiner letzten 8 Jahre mit Wildpferden. Seinen ersten Kontakt zu Wildpferden hatte er bereits vor 15 Jahren, Pferde sind seitdem zum Mittelpunkt seines Lebens geworden. Wenn man das hochwertig verarbeitete und gelayoutete Buch aufschlägt, kann man das sofort spüren. Der Autor stellt sich und seine Arbeit auf sehr sympathische Weise vor und die beeindruckenden Aufnahmen von Landschaft und Tieren lassen nicht lange auf sich warten.

Aber das Buch ist noch viel mehr als eine Sammlung toller Bilder. Marc Lubetzki schafft es durch seinen sehr lebendigen und niemals belehrenden Schreibstil den Leser mit auf die Reise zu nehmen und ihm die Natur der Pferde näher zu bringen. Man lernt in diesem Buch, was die wenigsten Pferdebesitzer heutzutage noch selbst entdecken können: das natürliche Verhalten von Pferden und deren Kommunikation miteinander. Dabei hat man die Chance, sehr viel für die Arbeit und das Miteinander der eigenen Pferde mitzunehmen. Ob es um das natürliche Herdenverhalten, die Rollen von Hengsten und Stuten, die natürlichen Bedürfnisse von Pferden oder den Fluchtinstinkt geht- durch dieses Buch kann so manchem Pferdebesitzer wieder einiges klarer werden.

Verständnis für Pferdekommunikation und Bedürfnisse

Eigentlich ist dieses Buch schon fast eine Pflichtlektüre für jeden Menschen, der Pferde liebt und eine sehr gute Grundlage, wenn man ein harmonischeres Verhältnis zum Pferd bzw. Verständnis entwickeln möchte. Viele Probleme die Menschen mit Pferden haben, entstehen auf Grund von Missverständnissen. Dieses Buch kann definitiv dabei helfen, dieses aufzuklären und ggfs. neue Wege mit dem Pferd zu beschreiten. 

Die in Deutschland lebenden Konik Wildpferde sind für uns als Konik-Fans besonders interessant. An dieser Stelle möchte wir auch auf unser Projekt Konik Makeover aufmerksam machen. Aber auch die verwilderten Pferde in Portugal und Bosnien oder die robusten und wirklich großartigen Exmoor Ponys haben uns begeistert. Wir hoffen sehr, dass das nicht das letzte Werk von Marc war und sprechen eine absolute Kaufempfehlung aus. Auch ein ideales Weihnachtsgeschenk.

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Mit den Augen können wir ihre Schönheit sehen. Aber erst mit unseren Herzen erkennen wir die Seele der Pferde.

Marc Lubetzki

Junge Pferde brauchen den Kontakt zu erwachsenen Tieren.

Marc Lubetzki

Respekt zeigt sich in Momenten, in denen wir Zurückhaltung zeigen, obwohl es uns schwerfällt.

Marc Lubetzki

Buchtipp 2 für besseres Verständnis für die Gymnastizierung von Reitpferden

Die natürliche Pferde Ausbildung – Ina Cygon

Ina Cygon arbeitet seit über vierzig Jahren mit Pferden. Als Berufsreiterin und Pferdewirtschaftsmeisterin der FN, entwickelte Sie im Laufe der Zeit eine naturgerechte Ausbildungsmethode für Reitpferde auf der Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse über das Pferd und aus der Bewegungslehre, sowie nach den Prinzipien der klassischen Reitlehre. Während eine artgerechte Haltung vielen Pferde- und Stallbesitzern bereits zur Selbstverständlichkeit geworden ist, ist eine pferdegerechte Reitweise kaum bekannt. In diesem Buch hat sie ihr gesamtes Wissen und die Erfahrung der letzten 30 Jahre in einem hochwertigen Fachbuch gepackt, das sich gut lesen und verstehen lässt.
Ihr Ausbildungsmethode beruht auf zwei wichtigen Grundsätzen:

  • strikte Berücksichtigung der anatomischen, vor allem muskulären sowie psychischen Verhältnisse des Pferdes – in die der Reiter sich einfügen muss –
  • die Prinzipien der klassischen Reitlehre, da wo sie richtig sind und unabdingbar.

Das Buch besteht aus zwei Teilen. Im ersten Teil wird an das Thema herangeführt und auf die Entstehung und Entwicklung der Ausbildungsmethode eingegangen. Klar, sachlich und logisch nachvollziehbar wird erklärt, warum es notwendig ist, gängige Ausbildungsmethoden für Pferde zu überdenken. Das ist insofern wichtig, da man als Reiter und Pferdeliebhaber eigentlich immer reflektieren und vor allem nicht in starren Schubladen denken sollte. Auch wenn man Methode XYZ von Grund auf gelernt und das immer so gemacht hat, heißt es nicht, dass es das Richtige für Mensch und Pferd ist. An Ina Cygons Weg kann man sehr gut sehen, dass das Leben ein Lernprozess ist und im Umgang mit dem Pferd in erster Linie der Zugang zum Wesen des Pferdes wichtig ist. Ein Pferd sollte immer ein Partner sein, mit dem man kommuniziert und kein Sportgerät, das man nach seinem Willen nutzt.

Die richtige Dehnungshaltung

Ganz essenziell dabei wird hier auf die richtige Dehnungshaltung eingegangen, die ein Pferd braucht, um Reitergewicht langfristig tragen zu können und gesund zu bleiben. Nicht zu verwechseln mit dem altbekannten und diskutierten „Vorwärts/Abwärts“. Es wird deutlich, wie häufig die Dehnungshaltung falsch verstanden und umgesetzt wird, egal ob bei der Bodenarbeit oder dem Reiten.

Feine Hilfen

Im zweiten Teil des Buches wird mehr über das Anreiten bzw. Reiten an sich eingegangen. Von Reitersitz, Zügeleinwirkung, seitlichen Biegungen, Schenkelweichen, Paraden, Wendungen bis über Galopp und Versammlung findet man hier sehr ausführliche Erklärungen, Abbildungen, Übungen und Tipps für die Ausbildung. Alles nach den Prinzipien der klassischen Reitlehre, ergänzt um Erkenntnisse der modernen Bewegungslehre. Das Ziel ist, dass Pferde lernen, auf feine Hilfen zu reagieren und motiviert mit dem Reiter arbeiten. Der Reiter passt sich dabei der Natur des Pferdes an und bringt es nicht in unnatürliche Zwangssituationen.

Das Buch ist ein echtes Fachbuch mit hochwertigen, seriösen Quellen und der Möglichkeit zur Horizonterweiterung. Es ist sicher kein Buch, das man mal schnell durchliest. Sollte es aber auch nicht sein. Eher ein Nachschlagewerk und Ergänzung zu einem Lehrgang bei Ina Cygon. An so einem habe ich selbst teilgenommen und kann es nur empfehlen.

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Die Natürliche Ausbildungsmethode ist kein alternatives Reiten, sondern die Quintessenz folgerichtigen Denkens, das sich logischerweise aus dem Wissen über das Pferd ergibt.
Rolf Becher

Jeder Zwang verhindert das Lernen.
Ina Cygon

Die in der NAM geschulten Pferde sind grundsätzlich locker und losgelassen, und zwar sowohl körperlich wie auch psychisch. Sie besitzen die Losgelassenheit als eine Eigenschaft.
Ina Cygon

Buchtipp 3 für mehr „eigenmächtige“ Entscheidungen in der Reiterwelt

DU entscheidest! – Christin Krischke

Christin Krischke kam vom Leistungssport im Westernreiten zur alternativen Reitkunst. Durch Zufall entdeckte sie gemeinsam mit ihrem Mann die liebe für Berberpferde und der Historie des Reitens. In den letzten 25 Jahren hat sie sich immer weiterentwickelt, in Sachen historische Reiterei geforscht und mit vielen Konventionen gebrochen. Heute ist sie Direktorin der Fürstlichen Hofreitschule in Bückeburg, einem lebendigen Pferdemuseum. Ihr Buch hält nicht nur wunderschöne Bilder für den Leser bereit, es lehrt viel Wissenswertes aus der Geschichte der Reitkunst und was im heutigen Reitsport schief läuft.

Geschichte der Reiterei

Das Buch beginnt mit der Geschichte der Reiterei. Von der Antiken Schule, über das Mittelalter bis hin zur Iberischen, Deutschen, Amerikanischen, Militär und Klassischen Schule erlangt man umfangreiches Wissen über die Geschichte von Menschen und Pferden. Interessant und lebhaft beschrieben und dazu mit künstlerischen Fotografien und Abbildungen. Gleich im Anschluss wird die Reitlehre heute unter die Lupe genommen und anhand der Ausführungen vorher wird einem schnell klar, dass „früher“ nicht immer alles schlechter war und viele Entwicklungen in der Reiterei in eine falsche Richtung laufen. Eben nicht mehr pro Pferd.

Du entscheidest…

Christin Krischke hat das ganze Buch als freie Entscheidung für den Leser aufgebaut. Du entscheidest….was du weißt, etc. Sie zwingt dem Leser keine Lehren oder Meinungen auf, sondern gibt Raum für eigene Entscheidungen und Schlussfolgerungen. Dabei werden sämtliche wichtige Themen für Pferdemenschen betrachtet: Trainerwahl, Einreiten, Zügelhilfen, Trensen und Gebisse, Biegungen, Gangarten, Versammlung uvm.

Die Autorin teilt hier ihr ganzes Wissen mit dem Leser und begründet ihre Meinung zu den jeweiligen Punkten schlüssig aber ohne Anspruch auf Zustimmung. Dieser Ansatz gefällt mir, denn gerade die Reiterszene ist gespickt von Besserwisserei und fast schon dogmatischer Meinungsmache. Ich persönlich halte es für wertvoll, sich verschiedene Erfahrungen und Input von unterschiedlichen Menschen zu holen. Dabei dies aber immer individuell für sich selbst bewerten und eine eigene Meinung dazu bilden bzw. die eigenen Erfahrungen mit einfließen lassen.

Contra „Vorwärts/Abwärts“

Was die Dehnungshaltung beim Pferd betrifft so sind die Autorin und Ina Cygon vom zweiten Buch auf den ersten Blick absolut nicht einer Meinung. Generell wird das Thema „Vorwärts/Abwärts“ in der Reiterwelt teilweise schon recht emotional diskutiert. Christin Krischke steht dem sehr kritisch gegenüber, da es sich um keine natürliche Bewegung des Pferdes handelt und es instinktiv aus der Kraft bringt. Die geht dabei auf die geschichtliche Entwicklung der Dehnungshaltung und daraus resultierende Probleme der Pferde ein. Hier dürften sich allerdings beide Autorinnen wieder einig sein, denn durch falsch verstandene Dehnungshaltungen und Ausführungen sind im Reitsport quälerische Zwangshaltungen entstanden, die alles andere als gesund sind. Die Versammlung und das vertikale Reiten sind allerdings sowohl vom Pferd mit Reiter aber eben auch dem Reiter selbst erst zu erlernen. Das Thema möchte ich in einem meiner nächsten Artikel noch eingehender behandeln.

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Was man nicht versucht, das kann auch nicht gelingen.
Christin Krischke

Tatsächlich hat erst jede Verzweiflung ob der eigenen Fehlbarkeit, jedes Weinen angesichts des offenbaren Fehlers, mich zum Nach- und Umdenken bewegt.
Christin Krischke

Ich finde es für einen heutigen Reiter unerlässlich, dass er in den gröbsten Züge weiß, wie unsere Reitergeschichte ablief und es zu den dramatischen Umwälzungen kam, die schließlich in den modernen Reitsport mündeten.
Christin Krischke